In der Tradition des Landbaus war es jahrhundertelang übliche Praxis, einen Teil der eigenen Ernte einzubehalten, um ihn im nächsten Jahr als Saatgut wieder auszubringen. Die Produktion des eigenen Saatguts war selbstverständlich. Angepflanzt wurden samenfeste Pflanzen, die sich auf diese Art weiter vermehren ließen und Generation für Generation weitgehend gleiche Eigenschaften in Wuchs und Geschmack aufwiesen. Durch die Kreuzung verschiedener Sorten und gezielte Züchtung entwickelte sich eine Vielfalt von weltweit etwa 5000 verschiedenen Nutzpflanzenarten.
Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Vererbungslehre verlagerte sich die Züchtung zunehmend vom Feld ins Labor. Heute ist die Gewinnung von Saatgut ein Geschäft und Saatgut für die Landwirtschaft nicht mehr Teil der eigenen Produktion, sondern ein Betriebsmittel.
Geschäft Saatgut
Die Konzerne, die heute den Landwirten heute ihr Saatgut zum Kauf anbieten, haben ihre Produktion fast ausschließlich auf sogenanntes Hybridsaatgut ausgerichtet. Es hat den Vorteil, gewünschte Eigenschaften einer Pflanze sicher zu gewährleisten und liefert besonders hohe Erträge sowie optisch einheitliche Früchte. Eine Gewinnung von Saatgut aus diesen Pflanzen ist jedoch nicht möglich: in der nächsten Generation treten die gewünschten Eigenschaften nicht mehr sicher auf. Landwirte müssen so jährlich neues Saatgut kaufen. Das stärkt die Position von Saatgutkonzernen wie Monsanto, Syntega und Dupont, die bereits über 50% des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren. Sie haben verständlicherweise kein Interesse daran, samenfestes Saatgut zu vertreiben, was einen Verlust an Sortenvielfalt und die Konzentration auf wenige, ertragreiche und den Ansprüchen des Marktes entsprechende Sorten zur Folge hat.
Zudem wird durch die von Konzernen angestrebte Patentierung von Saatgut die Aussaat selbstgeernteten Saatguts illegalisiert und die Arbeit freier Züchter und Züchterinnen erschwert, da die patentrechtlichen Folgen für sie nicht mehr zu überschauen sind.
CMS-Saatgut – Gentechnik light
Und die Entwicklung geht weiter: In der Erzeugung von Saatgut wird zunehmend die Cytoplastenfusion angewandt. Dabei wird eine gehäutete Pflanzenzelle mit der ausgehöhlten Zelle eine anderen Pflanzenart (zumeist Sonnenblume oder japanischer Rettich) verschmolzen, die nur die Erbinformation für Sterilität enthält. Da beide Pflanzen zumindest in der Theorie auch durch herkömmliche Züchtung miteinander gekreuzt werden könnten, gilt diese Methode offiziell nicht als Gentechnik und fällt so nicht unter das Verbot der EU-Öko-Verordnung. Die deutschen Bio-Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland lehnen den Anbau von Gemüse und Obst aus diesem sogenannten CMS-Saatgut jedoch ab. Der Eingriff in die Zelle und damit in die Integrität der Pflanze ist mit ihren ethischen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.
Saatgut ist Kulturgut

Die Vereine Saat:gut e.V. und Kultursaat e.V. haben es sich deswegen zur Aufgabe gemacht, samenfeste Gemüsesorten zu erhalten bzw. neue, den Ansprüchen des modernen Landbaus entsprechende samenfeste Züchtungen zu entwickeln. Die Zucht von marktfähigem Saatgut „auf dem Feld“ ist jedoch langwierig und teuer – von der Kreuzung verschiedener Sorten, über die Selektion der stärksten und schönsten Pflanzen bis zur Anmeldung beim Bundessortenamt vergehen etwa 6-16 Jahre. Ihre Arbeit finanzieren beide Vereine über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Daran beteiligt sich auch das Oecotop Friedrich Karl Straße.
Die Öko-Saatgut-Initiative unseres Großhändlers Naturkost Elkershausen und Naturkost Erfurt zielt darauf, die Züchtung auf dem Feld ohne genetische Manipulationen im Labor und einen freien und selbstbestimmten Landbau zu fördern. Durch Absprache von Anbaumengen und Risikoabsicherung für die Erzeuger und Erzeugerinnen sowie gezielte Informationen zum Thema für den Handel und VerbaucherInnen, soll die Akzeptanz von samenfesten Gemüse am Markt gestärkt werden. Sofern möglich führen wir die Produkte dieser Initiative in unserem Angebot.
Mehr Infos auch unter:
http://schrotundkorn.de/lebenumwelt/lesen/201403b04.html