Palmöl – ein kritischer Blick auf den Alleskönner

Pizza, Schokocreme, Müsli, Seife – Schätzungen zufolge enthält etwa jedes zweite Produkt unseres täglichen Bedarfs Palmöl. Doch der Palmöl-Boom der letzten Jahrzehnte zieht in den Produktionsländern massive ökologische und soziale Probleme nach sich und auch von gesundheitlichen Risiken für die Kosument_innen ist die Rede. Der Schluss scheint nahe zu liegen: Produkte mit Palmöl zu meiden. Doch ist das überhaupt möglich und kann die biologische Erzeugung von Palmöl eine Alternative sein?

Inhalt:

  1.  Was ist Palmöl – und was ist das Problem
  2. RSPO – ist nachhaltiges Palmöl möglich?
  3. Bio-Palmöl
  4. Palmöl in Bio-Kosmetikprodukten
  5. Gesund für Mensch und Umwelt?
  6. Weiterführende Links
Früchte der Ölpalme
Früchte der Ölpalme, Kern und Fruchtfleisch werden verwertet // Foto: Thomas Leonhardy – fotolia.de

Denn Palmöl ist ein Alleskönner, es wird nicht nur in Lebensmitteln verarbeitet, sondern auch in Kosmetik und Reinigungsmitteln, außerdem als Bestandteil von Futtermitteln und zur Erzeugung von Bio-Kraftstoff. Deutschland verbraucht pro Jahr 1,8 Millionen Tonnen Palmöl, das entspricht 6% der weltweiten Produktion. Weltweit stieg die Produktion von Palmöl von 14 Millionen Tonnen im Jahr 1995 auf 56 Millionen Tonnen im Jahr 2013 an.

Was ist Palmöl – und was ist das Problem?

Palmöl ist das Pflanzenöl mit dem höchsten Anteil am internationalen Markt. Und die Nachfrage ist steigend, denn es wird zunehmend auch zur Herstellung von Agro-Sprit genutzt – so entfallen vom nach Deutschland importierten Palmöl über 40 % auf den Kraftstoffbereich. Sein größter Vorteil gegenüber anderen Pflanzenölen ist seine ungeheure Ergiebigkeit: Ölpalmen haben einen drei- bis sechsmal höheren Ertrag als z.B. Sonnenblumen, Raps oder Soja. Und Palmöl ist vielseitig einsetzbar. Das macht es für die Industrie zu einem begehrten und sehr, sehr kostengünstigen Rohstoff.

Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen. Die eigentlich aus Westafrika stammende Palme braucht tropisches Klima und wird vor allem in Südostasien angebaut. Die größten Produzenten von Palmöl sind Indonesien mit 53% und Malaysia mit 36% der weltweiten Produktionsmenge. Um den steigenden Bedarf an Palmöl nachzukommen, werden hier immer neue Regenwaldflächen gerodet und Moorflächen trockengelegt, um auf ihnen in riesigen Monokulturen und unter Einsatz hochgiftiger Chemikalien Ölpalmen anzubauen. Zwischen 2006 und 2013 schrumpften die Regenwaldflächen in Südostasien so um 15%. Das bedeutet nicht nur eine immense Freisetzung von Treibhausgasen, sondern auch die Vernichtung des Lebensraums seltener Tierarten wie Orang-Utans oder dem Sumatra-Tiger und der Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung. Große Konzerne konkurrieren hier mit den Kleinbauern vor Ort um Land und Wasser und beschäftigen ihre Angestellten auf den Plantagen zu Niedrigstlöhnen ohne soziale Absicherung. Ökologisch und sozial ist der Anbau von Palmöl in diesen Ländern ein Desaster.

Sumatra Tiger
Der zunehmende Platzbedarf für den Anbau der Ölpalme geht zum Beispiel zu Lasten des Sumatra Tiger. Foto: © vladislav333222 / Fotolia

Mit Blick auf die ökologischen Folgen in den Anbauregionen, kann eigentlich nur der Verzicht auf Palmöl und der Ersatz durch andere, vorzugsweise heimische Öl angeraten sein. Doch so einfach ist es nicht: Der WWF kommt in seiner im letzten Jahr veröffentlichten Studie Auf der Ölspur zudem Schluss, dass allein für das Ersetzen des in Deutschland verbrauchten Palmöls durch einen Mix aus Kokos-, Soja-, Sonnenblumen- und Rapsöl 1,4 Millionen Hektar zusätzliche Anbaufläche gebraucht würde. Das 1:1-Ersetzen von Palmöl würde so neuen Flächenverbrauch und weitere CO2-Emissionen zur Folge haben. Es scheint also geboten, nach Alternativen in Anbau, Handel und Konsum von Palmöl zu suchen – wie können die aussehen?

RSPO – ist nachhaltiges Palmöl möglich?

Ein Versuch, mehr Nachhaltigkeit in der Produktion von Palmöl zu fördern, stellt der Roundtable On Sustanaible Palmoil – RSPO dar. Vom Umweltverband WWF initiiert, gehören ihm Erzeuger, Händler, Banken und Vertreter einiger weniger Umwelt- und Sozialverbände an. Seine Mitglieder bekennen sich zur Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt und haben gemeinsam Kriterien und Richtlinien erarbeitet, auf deren Grundlage Palmöl als nachhaltig zertifiziert werden kann. Umweltorganisationen wie zum Beispiel Greenpeace werfen dem RSPO jedoch greenwashing vor und kritisieren zu Recht, dass die Vorgaben des RSPOs zu schwach sind. So ist beispielsweise trotz erheblicher CO2-Emissionen der Anbau auf Torfböden weiterhin erlaubt, sind Waldgebiete nicht ausreichend geschützt und hochgiftige Pestizide nicht verboten. Zudem sind Verstöße der RSPO-Mitglieder gegen ihre eigenen Vorgaben bekannt, die nicht oder zu schwach geahndet wurden.

Palmölanbau statt Regenwald - die Abholzung natürlicher Flächen nimmt rasant zu. Foto: © ThKatz / fotolia.de
Palmölanbau statt Regenwald – die Abholzung natürlicher Flächen nimmt rasant zu. Foto: © ThKatz / fotolia.de

Nur etwa 5% des weltweit erzeugten Palmöls sind inzwischen nach RSPO zertifiziert. Trotz dieser geringen Menge und der berechtigten Kritik am RSPO, ist es bisher das wirkungsmächtigste etablierte Mittel, um mehr Nachhaltigkeit in der Palmölgewinnung zu erreichen.

Doch es gibt Initiativen, die über die Mindeststandards des RSPO hinausgehen: Zum einen die Palm Oil Innovation Group (POIG), die sich aus NGOs und RSPO-Mitgliedern zusammensetzt, die sich freiwillig zu strengeren Vorgaben verpflichten. Zum Beispiel zur Einhaltung vom Menschen- und Arbeitsrechten und dem Schutz von Torfböden. Zum anderen das Forum nachhaltiges Palmöl (FONAP), das sich 100% zertifiziertes Palmöl auf dem deutschen, österreichischen und schweizer Markt zum Ziel gesetzt hat. Zusätzlich zur Verwendung von ausschließlich zertifiziertem Palmöl verpflichten sich seine Mitglieder zur Einhaltung strengerer Vorgaben, vergleichbar denen der POIG. Außerdem will das FONAP auf die Verbesserung der bestehenden Zertifizierungsmöglichkeiten hinwirken. Zu seinen Mitgliedern zählen der WWF, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie 44 deutsche Konzerne, darunter auch die Naturkosmetikproduzenten Weleda und Logocos.

Geht da noch mehr? – Bio-Palmöl

Auch wenn nach RSPO zertifiziertes Palmöl als nachhaltig deklariert wird: bio ist es nicht. Der Marktanteil von Bio-Palmöl liegt bei nicht einmal einem Prozent. Doch auch Bio-Produzenten wollen oder können nicht ohne Palmöl in ihren Produkten auskommen.

Hände voller Palmfrüchte
Auch nachhaltig erzeugtes Palmöl ist nur ein Teil der Lösung. Foto: © t4nkyong / fotolia.de

Ein wichtiger Unterschied zwischen konventionellem und biologisch erzeugtem Palmöl ist seine Herkunft. Biopalmölplantagen liegen in Südamerika und Westafrika und sind auf Böden angelegt worden, die nicht primär für die Palmölproduktion gerodet, sondern schon zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden. Ohne synthetischen Dünger und Einsatz von Pestiziden wachsen die Ölpalmen hier auf kleineren Plantagen und zumeist in Mischkultur. Auch wenn bio nicht gleichbedeutend mit fairem Handel ist, ist auch der Anbau von Palmöl ein weiteres Beispiel dafür, dass beides oft Hand in Hand geht. Die Produzenten von Biolpalmöl beschäftigen ihre Angestellten zu fairen Konditionen und arbeiten häufig mit Kleinbauernkooperativen vor Ort zusammen.

Die beiden wichtigsten Produzenten für bio-zertifiziertes Palmöl sind Daabon in Kolumbien und Agropalma in Brasilien. Daabon bewirtschaftet seine Flächen inzwischen ausschließlich ökologisch, besitzt aber auch eine konventionelle Biodiesel-Raffinerie, Agropalma ist Teil eines größeren Konzerns, der nur einen Anteil von etwa 10% seiner Produktion auf biologische Erzeugung umgestellt hat. Von Daabon und Agropalma beziehen zum Beispiel die Firmen Allos, Barnhouse, Alsan und Sodasan ihr Palmöl.

Viele alltägliche Produkte kommen leider nicht ohne Palmöl aus. Foto: Oecotop
Viele alltägliche Produkte kommen leider nicht ohne Palmöl aus. Foto: Oecotop

Besonders engagiert tut sich das Bio-Traditionsunternehmen Rapunzel hervor. Rapunzel verwendet Palmöl vor allem in seinen Schoko- und Nussaufstrichen aber auch in Müsli und anderen Produkten. Trotz der Kritik an Palmöl, hat die Firma entschlossen, es in seinen Produkten nicht zu ersetzen, sondern die Bedingungen in Anbau und Produktion zu verbessern. Rapunzel verspricht hier eine vollständige Rückverfolgbarkeit und Transparenz aller Produktionsschritte. Im Rahmen seines Fairtradeprogramms Hand-in-Hand bezieht Rapunzel sein Palmöl schon seit den 90er Jahren aus zwei Palmölprojekten, die ökologischen Anbau und fairen Handel verbinden: Serendipalm in Ghana und Natural Habitat in Ecuador und Sierra Leone. Beide Projekte stehen neben ökologischem Anbau und schonender Weiterverarbeitung auch für die Kooperation mit den Menschen vor Ort. Sie bieten sichere Arbeitsplätze zu fairen Bedingungen, Gehälter, die deutlich über dem regionalen Durchschnitt liegen, und umfangreiche Sozial- und Bildungsprojekte.

Aus einem Palmölforum, das Rapunzel im vergangenen Jahr am Firmenstandort im Allgäu mit kritischen Verbraucher_innen, Expert_innen und Vertreter_innen des Handels und von NGOs veranstaltete, ging als Positionspapier die sogenannte Legauer Erklärung hervor, in der weitgehende Forderungen für einen ökologisch und ethisch zu vertretenden Umgang mit dem Rohstoff Palmöl formuliert sind.

Dass aber auch andere Einschätzungen der Situation rund um Palmöl innerhalb der Bio-Branche möglich sind, zeigt die österreichische Firma Sonnentor, die die Verwendung von Palmöl ablehnt und es seit dem Jahr 2015 in all ihren Produkten durch andere Pflanzenöle ersetzt hat.

Palmöl in Bio-Kosmetikprodukten

Eine besondere Problematik begleitet den Einsatz von Palmöl im Bereich von Kosmetik und Wasch- und Reinigungsmittel. Zwar setzen Naturkosmetikfirmen in ihren Produkten bio-zertifiziertes Palmöl ein oder versuchen, Palmöl in ihren Rezepturen zu vermeiden, wie zum Beispiel lavera, aus Palmöl werden aber auch sogenannte Palmölderivate gewonnen, die dann als Tenside, Emulgatoren und Stabilisatoren im Endprodukt enthalten sind.

In Bio-Qualität werden diese Bestandteile jedoch bisher nicht angeboten, ihre Alternative wären Erdölderivate. Für die Hersteller von Kosmetik und Reinigungsmitteln bleibt hier lediglich von ihren Lieferanten Produkte auf der Basis von RSPO – zertifizierten Palmöl einzufordern.

Palmöl – gesund für Mensch und Umwelt?

Der gesundheitliche Wert von Palmöl wird unterschiedlich beurteilt. Die einen betonen den mit 50% relativ hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, für die anderen ist der hohe Gehalt an Vitamin E, der in besonders antioxidativer Form enthalten ist, ein Nachweis für den positiven Effekt auf die menschliche Gesundheit.

Für Aufsehen hat im vergangenen Jahr aber eine Veröffentlichung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gesorgt, die verschiedene Fettschadstoffe, die bei der Verarbeitung und vor allem Raffination von Pflanzenölen entstehen können, als potentiell krebserregend einstuft. Die EFSA und auch das Bundesamt für Risikobewertung haben daraufhin den Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) drastisch gesenkt. Generell kann es bei sämtlichen Pflanzenölen, die hocherhitzt werden zur Bildung der schädlichen Fettsäureester kommen, Palmöl stellt keine Ausnahme dar. Rapunzel, auch hier um Transparenz bemüht, weißt in seiner Stellungnahme darauf hin, dass es durch schonende Verarbeitung und Raffination bei vergleichsweise niedriger Temperatur den Gehalt an gesundheitsschädigenden Stoffen minimieren konnte, sodass er bei Rapunzelprodukten bereits unter dem neuen, niedrigen Wert der EFSA liegt.

So scheint es nicht nur aus ökologischer sondern auch aus gesundheitlicher Sicht geraten, Produkte mit hohem Palmölanteil nur in Maßen zu genießen, es sind vor allem Fertiggerichte, Süß- und Knabberartikel, die große Mengen Palmfett enthalten.

Lecker geht auch ohne Palmöl, allerdings sind solche Produkte aktuell noch eher selten zu finden. Foto: Oecotop
Lecker geht auch ohne Palmöl, allerdings sind solche Produkte aktuell noch eher selten zu finden. Foto: Oecotop

Bio-Palmöl alleine kann nicht die Lösung der katastrophalen Bedingungen sein, unter denen Palmöl vor allem in Asien gewonnen wird, dazu ist sein Anteil am Palmölmarkt noch zu gering. Zudem ist es besonders der Einsatz von Palmöl als Bio-Kraftstoff (44% des nach Deutschland importierten Öls!) der den Verbrauch nach oben treibt. Aber mit der bewussten Entscheidung für einen maßvollen Konsum von Produkten mit fair gehandeltem, biologisch erzeugtem Palmöl können wir als Verbraucher_innen einen Teil zur Reduktion des Palmölverbrauchs leisten.

Weiterführende Links:

WWF-Studie Auf der Ölspur:
http://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel/auf-der-oelspur/

Positionspapier Palmöl Legauer Erklärung:
http://www.rapunzel.de/palmoel-legauer-erklaerung.html

Reportage über Serendipalm in Ghana im Magazin Ö:
http://oe-mag.de/article/faires-palmoel.html