Zu Ostern dürfen bunte Eier auf dem Frühstückstisch nicht fehlen, als Frühlingsboten stehen sie für Leben und Fruchtbarkeit. Doch die Lust am Osterfrühstück kann einem vergehen, schaut man genauer hin, was außer Henne und Ei noch dazu gehört.
Huhn, Ei – und Hahn?
Nicht nur zu Ostern, sondern rund ums Jahr konsumiert der oder die durchschnittliche Deutsche 235 Eier – zum Frühstück, im Kuchen oder verarbeitet in anderen Lebensmitteln. In der Summe sind das unglaubliche 19 Milliarden Eier im Jahr!
Und diese Eier werden von rund 44 Millionen Legehennen in Deutschland gelegt. Die Missstände in der Legehennenhaltung stehen seit vielen Jahren in der Kritik. Ein Erfolg ist, dass die Haltung von Hühnern in Legebatterien in Deutschland seit 2010, EU-weit seit 2012 verboten ist. Da aber auch andere Haltungsformen wie Boden- oder Freilandhaltung, wenn sie an Masse und Profit statt am Wohl der Tiere ausgerichtet sind, bei Weitem nicht das Gelbe vom Ei sind, greifen viele Verbraucherinnen lieber zum Bio-Ei. So kommt es, dass etwa 11 Prozent aller verkauften Eier in Deutschland Bio- Eier sind – Kein anderer Bio-Artikel hat einen so hohen Anteil am Gesamtlebensmittelmarkt wie das Bio-Ei.
Auskunft über die Haltungsform gibt der Erzeuger-Code der auf jedes Ei und auf seine Verpackung aufgedruckt ist. Beginnt er mit einer 0, stammt das Ei aus ökologischer Erzeugung. Der Code gibt außerdem Auskunft über das Herkunftsland und den Erzeugerbetrieb.
Neben der Haltung der Hühner gibt es aber noch ein weiteres und sehr grundlegendes Problem, dass erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit öffentliche Aufmerksamkeit erfährt: Die gegenwärtige Praxis in der Eierproduktion ist es nämlich, männliche Küken gleich nach dem Schlüpfen zu töten und zu entsorgen. Denn sie legen keine Eier, setzen aber auch nicht genug Fleisch an, um als Masthähnchen genutzt und vermarktet zu werden – also werden sie vergast oder teils lebend geschreddert.
Den über 40 Millionen Legehennen, die in Deutschland pro Jahr gehalten werden, stehen ebenso viele getötete Brudertiere gegenüber. Gleiches gilt auch für den Biobereich! Denn auch die Brüder der 2,4 Millionen ökologisch gehaltenen Legehennen finden keine Verwendung in der Hähnchenmast, da sie in Robustheit und Fleischleistung den sonst als Masthähnchen gehaltenen Tieren unterlegen sind.
Rettet die Bruderhähne!
Unter dem Titel „Schluss mit dem nutzlosen Töten – 4 Cent für die Ethik“ hat die Bruderhahninitiative Deutschland, an der sich Züchter, Tierhalter, Großhandel und Verarbeiter beteiligen, eine Alternative zur dieser bisherigen Praxis in der ökologischen Legehennenhaltung entwickelt:
Der Unterschied
Die Bruderhähne der Bio-Hennen werden nicht getötet, sondern in Bio-Freilandhaltung 20 Wochen – und damit ungewöhnlich lang und schonend – aufgezogen und gemästet, obwohl das vom ökonomischen Standpunkt her nicht sinnvoll wäre. Der wirtschaftliche Nachteil wird durch einen Aufschlag von 4 Cent pro Ei im Verkauf ausgeglichen. Der Verkauf von 250 Eiern – das entspricht etwa der Legeleistung eines Bio-Huhns pro Legeperiode – finanziert so die Aufzucht eines Bruderhahns quer. Eier, Fleisch und verarbeitete Produkte werden unter dem Siegel der Bruderhahninitiave Deutschland vermarktet, das von unabhängigen Instituten vergeben und überwacht wird.
Alle teilnehmenden Geflügelhöfe sind demeter- oder Biolandzertifiziert, die Richtlinien zur Aufzucht der Bruderhähne gehen aber zum Teil noch über die strengen Verbandsrichtlinien hinaus. Als Novum garantiert die Bruderhahninitiative Antibiotikafreiheit für das unter ihrem Siegel vermarktete Fleisch.
Geschlechtsbestimmung im Ei als Alternative?
Im Übrigen muss sich auch die konventionelle Landwirtschaft mit der Problematik des Kükentötens auseinandersetzen, denn die Nachrichten vom Ausmaß der getöteten männlichen Küken, lösen bei Verbraucher_innen zunehmend Entsetzen und Unverständnis aus. 2013 versuchte der damalige grüne Umweltminister in NRW, das Schreddern oder Vergasen männlicher Küken per Erlass zu unterbinden. Dagegen klagten mehrere Brütereien und bekamen vor Gericht Recht. Auch Niedersachsen will bis zum Ende des Jahres 2017 aus dem Kükentöten aussteigen. 2015 beschloss der Bundesrat eine Gesetzesinitiative, die jedoch von der Bundesregierung abgelehnt wurde. Auf Bundesebene blockiert Landwirtschaftsminister Christian Schmidt weiterhin gesetzliche Forderungen und setzt auf ein freiwilliges Handeln der Geflügelwirtschaft.
Allein – die Lösung, die von konventionellen Betrieben favorisiert wird, ist noch lange nicht ausgereift: Mit einer speziellen Maschine soll das Ei per Laser untersucht und so das Geschlecht des Kükens noch im Embryonalstadium erkannt werden können. Die Eier mit männlichen Embryonen würden dann gar nicht erst weiter bebrütet. Ein Prototyp der Maschine, an der unter anderem an der TU Dresden geforscht wird, könnte Ende 2017 fertig sein, doch bis er in Serie gehen wird, kann es noch einige Jahre dauern, in denen das Kükensterben weitergehen wird.
Und Langfristig?
Die Bruderhanhninitiative setzt am gegenwärtigen Stand an und fordert ein sofortiges Ende des Bruderhahn-Tötens. Damit setzt sie für den Augenblick ein Signal und appelliert auch an die Verbraucher _innen, ihr Einkaufs- und Konsumverhalten zu überdenken. Es geht ihr, wie anderen Akteuren der Bio-Szene, aber auch um eine langfristige Lösung des Problems.
Denn das Töten der Hähne unmittelbar nach dem Schlüpfen wird aus marktwirtschaftlicher Sicht nur deshalb nötig, weil sich die Züchtung der Nutztierrassen in der Vergangenheit einseitig nur auf Leistung und Wirtschaftlichkeit konzentriert hat. Für die Geflügelzucht bedeutet das, dass verschiedene Rassen entweder für die Produktion von Eiern oder für die Gewinnung von Fleisch entwickelt wurden.
Das langfristige Ziel muss es nun also sein, diesen Prozess zu stoppen und Hühnerrassen zu züchten, die sich sowohl für die gewerbliche Eierproduktion als auch für die Mast eignen, sogenannte Zweinutzungsrassen.
2015 haben Bioland und demeter die gemeinnützige Ökologische Tierzucht GmbH gegründet, um die Züchtung von Tierrassen zu fördern, die den Ansprüchen und Idealen der ökologischen Tierhaltung entsprechen. Ihr Schwerpunkt liegt für den Anfang in der Geflügelzüchtung. Der Prozess wird jedoch langwierig und teuer werden, die ÖTZ beziffert die dafür in den nächsten Jahren benötigte Summe auf mehrere Millionen Euro.
Nicht nur die Bruderhahninitiative fördert dieses Projekt, auch der Biohandel und die Verbände demeter und Bioland haben eine Initiative gestartet, die das Zuchtvorhaben mit einem Cent pro verkauftem Ei fördern wird.
Im Oeocotop Schwachhausen erhalten Sie im Rahmen der Intitiative Bruderhahn Bioland-Eier im 4er-Karton und demeter-Eier von den Höfen Levenshof und Lütjen im 6er-Gebinde. Ebenfalls der Bruderhahninitiative angeschlossen hat sich der Babynahrungsproduzent Holle – Sie finden Babygläschen mit Geflügelfleisch aus der Bruderhahnaufzucht im Regal mit der Babynahrung.
Braun, weiß und bunt
Übrigens gibt es auch zu Ostern, wie das ganze Jahr über, nur ganz vereinzelt weiße Bio-Eier. Die Farbe der Eierschalen ist dabei genetisch bedingt und lässt sich nicht auf die Form der Haltung zurückführen. Und die von Betrieben mit ökologischer Hühnerhaltung bevorzugten Hühnerrassen legen tatsächlich überwiegend braune Eier. Aber auch die lassen sich färben – zum Beispiel mit den im Oecotop erhältlichen Nawaro Ostereierfarben von Ökonorm, mit denen ganz einfach Ostereier in wunderschönen, warmen Farbtönen entstehen .
Das Oecotop in Schwachhausen wünscht allen Bruderhähnen und Schwesterhennen, Kunden und Kundinnen frohe Ostern!