Im niedersächsischen Verlüssmoor, mitten in der weitläufigen Landschaft des Teufelsmoors, liegt Hof Lütjen. Der familienbetriebene Hof ist seit 1963 DEMETER zertifiziert, wodurch er zu den ältesten Demeter-Höfen Norddeutschlands gehört.
Seit der Oecotop Gründung 1996 waren Vollmilch und Eier vom Hof Lütjen von Beginn an fest in unserem Sortiment. Am Tag der offenen Tür im Frühling 2022 hatte die Familie Lütjen zur Hofbesichtigung eingeladen, somit machte sich unsere neue Mitarbeiterin auf den Weg nach Vollersode.
Der Wind fegte über die Weide und am Himmel blickte nur vereinzelt die Sonne durch. Doch die beiden Brüdern Raimund und Christmut ließen sich nicht vom Wetter die Laune verderben, während sie die Schaulustigen mit viel Humor und Leidenschaft über den Hof führten. Der erste Punkt auf der Agenda war das Rhabarberfeld, auf dem sich die roten Stangen bis an den Horizont reihten. Neben Rhabarber pflanzen die Bio-Bauern Kartoffeln und Moormöhren an. Raimund führte die Gruppe zurück zum Hofgebäude und zeigte, wo die Eier nach Wochentagen sortiert werden. Jedes Ei werde durchleuchtet, um Schäden zu erkennen und sicherzugehen, dass es nicht befruchtet sei, erklärt Raimund. Neugierig betrachteten die Kinder und Erwachsenen die Eier.
Nach einer ausgiebigen Fragerunde, bei der alle Fragezeichen aus den Köpfen verschwanden, ging es weiter zum Hühnerstall: 1200 Legehennen rannten hier im und vor dem Stall umher. Die Kinder deuteten begeistert auf die braunfedrigen Tiere. Immer wieder war ein vereinzeltes Hahnenkrähen zu hören. Denn auf dem Hof wird jedes Bruderküken mit aufgezüchtet: Das garantiert das Zertifikat der Brudertier Initative Deutschland BID, die sich seit 2013 für eine ethische, zukunftsfähige Nutztierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft einsetzt.
Anschließend liefen wir ein ganzes Stück den Feldweg entlang, bis wir die Kühe erreichten. Einige der 75 Milchkühe lagen träge auf der Weide. „Normalerweise würden sie jetzt kommen, weil sie so neugierig sind“, erklärte Christmut. „Dass sie liegen bleiben, heißt, dass sie pappsatt sind.“ Am Ende der Weide lugten die jüngeren Kühe aus dem Stall heraus. Aus dem schwarzen Fell am Kopf fingen die Hörner schon an herauszuragen. Die Praxis, Hörner abzuschneiden, wird auf dem Hof nicht betrieben. „Wir geben den Kälbern genug Platz, damit sie sich damit nicht gegenseitig wehtun“, sagt Christmut.
Ein Stück weiter standen die ganz jungen Kälber in Einer- oder Zweiergehegen. Wie früh sie wohl von den Müttern getrennt werden? „Wir machen das gleich am Anfang. Weil hier sonst die Hölle los wäre: Die Mutterkühe und die Kälber brüllen dann so laut, dass die Nachbarn nachts nicht mehr schlafen können. So verringern wir den Trennungsschmerz und die Nachbarn können auch schlafen“, sagte Christmut und fügte schmunzelnd hinzu: „Mein Vorschlag wäre: Wenn man will, dass die Kälber bei der Mutter aufwachsen, so muss der Mehraufwand dafür bezahlt werden.“
Schräg gegenüber von den Kälbern durften wir dabei zusehen wie eine Kuh gemolken wurde. Sie stand entspannt im Stall, während der hochmoderne Melkroboter mit mehreren Armen nach ihrem Euter griff. „Da ist eine Kamera drin und ein Laser, um die Zitzen zu finden“, erklärt Christmut. Nachdem die Zitzen mit einer Warmwasserzirkulation gewaschen wurden, ging es los: Die Milch wurde ins Gerät gepumpt. Die Vollmilch gelangt später nur pasteurisiert und nicht homogenisiert in Tetraboxen ins Kühlregal und in den übrigen Handel.
Wir waren am Ende des Rundgangs angekommen. Draußen stieg schon eine Rauchwolke empor und die Luft roch nach Gegrilltem. Erst jetzt fielen ein paar Tropfen vom wolkenverhangenen Himmel. Unsere Gruppe versammelte sich um die Biertische und während einige in die Bratwürste bissen, bedienten sich andere an den selbstgebackenen Kuchen. Wer interessiert war, konnte sich die Maschine ansehen, die die Milchtüten faltet und in den Kühlraum schauen, in dem Produkte wie Bolognese-Sauce zu finden sind. So waren wir am Ende der Produktionskette angelangt. Die verschiedenen Milch- und Fleischprodukte sowie die Eier, Kartoffeln, Moormöhren und der knackige Rhabarber werden direkt im Selbstbedienungs-Hofladen oder an Bioläden und Supermärkte verkauft. Die direkte Anlieferung ins Oecotop Schwachhausen erfolgt zweimal pro Woche.
Diesen Bericht verfasste und erlebte Lissi Savin fürs Oecotop Bremen Schwachhausen.